Der geistliche und der fleischliche Gläubige
Und ich, liebe Brüder, konnte auch mit euch nicht reden als mit geistlichen Menschen, sondern als mit fleischlichen, wie mit jungen Kindern in Christus. Milch habe ich euch zu trinken gegeben, und nicht feste Speise; denn ihr konntet sie noch nicht vertragen. Auch jetzt könnt ihr's noch nicht«(1. Kor. 3,1-2).
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Wie gut kennt doch der Apostel Paulus seine Leser. Er weiß, ob sie geistlich oder fleischlich sind. Er trägt der jeweiligen Situation der Empfänger seiner Briefe Rechnung und spricht nicht zu ihnen auf einer Ebene, wo sie ihm nicht folgen könnten. Ihm geht es darum,
»geistliche Sachen für geistliche Menschen«(1. Kor. 2,13)
weiterzugeben. Die Unterweisung des Paulus richtet sich nicht nach dem, was er weiß, sondern nach dem, was seine Leser aufnehmen können. Er prahlt nicht mit seinem eigenen Wissen. Der Apostel hat geistliches Wissen, und er benutzt eine geistliche Sprache, darum weiß er auch, wie er die verschiedensten Gläubigen ansprechen muss. Nicht alle Worte, die von den tiefen Geheimnissen Gottes reden, sind auch geistliche Worte, sondern allein die, welche aus dem Heiligen Geist durch den Geist gesprochen werden. Das sind dann nicht unbedingt große Worte; es kann sich um ganz einfache, gewöhnliche Worte handeln. Aber es sind Worte, die aus dem Heiligen Geist kommen und vom Geist aufgenommen wurden. Diese Worte können dann erhebliche geistliche Ergebnisse zeitigen.
Was der Apostel in diesen beiden Versen und Vers 15 des vorhergehenden Kapitels (1. Kor. 2) beschreibt, berührt ein interessantes Paradoxon. Wenn der Geist des Menschen die Dinge kennt, die zum Menschen gehören, und der geistliche Mensch alles ergründet, warum gibt es dann so viele geisterneuerte Christen, die trotzdem nicht erkennen, dass sie einen Geist haben und nicht in der Lage sind, die tiefen Geheimnisse Gottes durch ihren Geist zu erfassen? Die Antwort lautet:
»der geistliche Mensch aber ergründet alles«(1. Kor. 2,15).
Obwohl alle Christen einen wiedergeborenen Geist haben, sind doch nicht alle Christen geistlich. Viele sind immer noch fleischlich. Des Menschen Erkenntnis ist zwar erweckt worden, aber er muss dieser Erkenntnis auch ihren rechtmäßigen Platz einräumen und die Möglichkeit geben, in rechter Weise zu arbeiten. Geistliche Christen leben nicht aus ihrer Seele, sondern haben alle seelischen Fähigkeiten unters Kreuz gebracht und sie damit untergeordnet, damit ihre Erkenntnis ungehindert die Offenbarung Gottes empfangen kann. Wenn dies geschehen ist, werden Verstand, Gefühl und Wille freiwillig mit dieser Offenbarung konform gehen. Bei fleischlichen Christen ist das nicht der Fall. Ihr fleischlicher Verstand ist immer noch voll eigener Gedanken und Pläne, ihr Gefühl hat fleischliche Interessen, Wünsche und Tendenzen, und ihr Wille beschließt noch mancherlei weltliche Dinge. Sie sind so sehr damit beschäftigt, ihrem Fleisch zu folgen, dass sie weder Zeit noch den inneren Antrieb haben, der Stimme der Erkenntnis Gehör zu schenken. Weil die Stimme des Geistes gewöhnlich sehr leise ist, kann sie nur dann gehört werden, wenn wir sorgfältig hinhören und alles andere still ist.
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(Watchman Nee, „Der geistliche Christ“)
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